Hamburger Chemieunternehmen reduziert CO2-Emission
Umbau der Druckluftanlage von der Stadt gefördert
Wer seine Druckluftversorgung optimiert, senkt nicht nur die Betriebskosten, sondern leistet einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz. Das zeigt die Optimierung der Druckluftanlage der Hamburger Bode Chemie GmbH. Durch den von der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) geförderten Umbau konnte das Unternehmen seinen Energiebedarf um über 300 000 kWh und die CO2-Emissionen um rund160 t jährlich reduzieren.
Das alkoholische Desinfektionsmittel Sterillium ist der Topseller aus dem Hause Bode Chemie. Die Ventile der Sterillium-Abfüllanlage werden mittels Druckluft geschaltet
Das Haus Bode Chemie, bekannt durch das alkoholische Desinfektionsmittel Sterillium, ist bereits seit 1929 im Hamburger Stadtteil Stellingen ansässig. Rechts und links durch Wohnbebauung flankiert, ist der Chemiebetrieb auf seinem Areal Stück für Stück gewachsen. „Durch den stückweisen Ausbau des Unternehmens hatten wir ein dezentrales Anlagenkonzept. Produktion und Abfüllung befinden sich zum Teil in unterschiedlichen Gebäuden“, erläutert Stefan Boltze, Leiter Technik und Umweltschutz bei Bode Chemie. „Das ist natürlich auch relevant für die Druckluft und für die entsprechenden Leitungswege.“ Die Druckluftversorgung, die ebenso dezentral über das Gelände verteilt war, wollten Stefan Boltze und seine Mitarbeiter bereits seit längerer Zeit besser organisieren. Nachdem vor einigen Jahren zunächst das komplette Leitungsnetz überarbeitet und ein neuer Verteiler eingerichtet worden war, wandte man sich 2009 den Druckluftstationen zu. Insgesamt drei Kompressoren befanden sich in zwei verschiedenen Gebäuden des Unternehmens und speisten in ein gemeinsames Netz. Eine übergeordnete Steuerung war nicht vorhanden und für mögliche Produktionserweiterungen gab es keinerlei Reserven mehr.
Druckluft wird bei Bode in fast allen Unternehmensbereichen benötigt, für die Betätigung von Ventilen in der Herstellung und im Zwischenprodukt-Tanklager, für den Betrieb von Druckluftmembranpumpen in der Abfüllung sowie für die Abwasseraufbereitung und die Produktwasserherstellung.
Bedarfsspitzen durch Molchanlage
Besondere Anforderungen an die Druckluftversorgung stellt die Molchanlage im Bereich der Waschprodukteproduktion. Dort führen die Leitungen von der Herstellung ins Zwischenprodukt-Tanklager und weiter zu einigen Abfüllmaschinen. „Diese Leitungen haben relativ große Querschnitte und werden nach der Produktion und Abfüllung einer Charge gemolcht“, erklärt Stefan Boltze. Das heißt, ein Kunststoffmolch wird mit Druckluft durch das Rohr gepresst, um das Produkt wieder auszuschieben. Anschließend werden die Leitungen gereinigt und hinterher ausgeblasen, wofür sehr viel Druckluft in sehr kurzer Zeit gebraucht wird. Diese Druckluftspitzen waren ein wesentlicher Aspekt bei der Konzeption der aktuellen Anlage. Darüber hinaus setzte man sich bei Bode vor dem Projektstart für eine zentrale Druckluftversorgung die folgenden Ziele: zukunftsgerichteter und energieoptimierter Betrieb der Druckluftanlagen, eine um 25 % erhöhte Druckluftreserve sowie Gewährleistung der Versorgungssicherheit bei Störungen oder der Wartung einzelner Anlagenteile.Unterstützung durch erfahrene Partner
Für die Umsetzung holte sich Bode zwei erfahrene Partner ins Boot. Zum einen das auf Energieeffizienzanalysen spezialisierte Beratungs- und Serviceunternehmen Envidatec, das auch auf die Fördermöglichkeiten durch das Projekt „Unternehmen für Ressourcenschutz“ der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) hinwies. Die Bedarfsprognose, das Anlagenkonzept und die Projektumsetzung lagen in den Händen von Druckluft Evers. Das Unternehmen setzt einen Schwerpunkt auf das Thema Energieeffizienz in bestehenden und neuen Druckluftanlagen.
Eine Voraussetzung für die Förderung des Projektes durch die BSU war die Durchführung eines sogenannten Fachaudits. Dieses umfasste eine detaillierte Aufnahme des Ist-Zustands, die Identifizierung von Energieeinsparmöglichkeiten sowie die Abschätzung des möglichen Einsparpotenzials. Ein wichtiger Bestandteil des Audits war die Messung des Druckluftverbrauchs der bestehenden Anlage. Diese Verbrauchsanalyse wurde von Druckluft Evers durchgeführt. Gemessen wird mindestens eine typische Produktionswoche mit der bestehenden Station. „Mithilfe der Leistungsdaten der Maschinen wird daraus das Verbrauchsprofil in der Messwoche ermittelt und der Stromverbrauch errechnet“, erläutert Knut Schüler, der Projektverantwortliche bei Druckluft Evers, die Vorgehensweise. Anschließend können mit einer speziellen Prognose-Software von Atlas Copco Simulationen durchgeführt werden. Dabei wird das ermittelte Verbrauchsprofil beispielsweise mit anderen Kompressoren nachgefahren und es werden andere Maßnahmen und geänderte Randbedingungen untersucht. „In der Regel prüfen wir, wie sich eine drehzahlgeregelte Maschine bei den gemessenen Verbräuchen verhält“, sagt Schüler. „ Bei Bode Chemie war zusätzlich gefordert, einen zukünftigen Mehrverbrauch zu berücksichtigen.“
Die Differenz aus Ist-Zustand und simuliertem Verbrauch ergibt das mögliche Einsparpotenzial. „Wir berechnen das in Kilowattstunden“, erläutert Knut Schüler. „Mittels Umrechnungsfaktor kann die Umweltbehörde daraus die CO2-Menge bestimmen, die durch die geplanten Maßnahmen eingespart werden könnte. Auf diesem Wert beruht dann die Förderung.“
Im Falle Bode Chemie prognostizierte das Simulations-Tool mögliche Energieeinsparungen von 313 000 kWh/a, was einer CO2-Menge von 161 t entspricht. Auf der Grundlage dieser Zahlen bewilligte die BSU im Mai 2010 die Förderung des Projekts und gab damit den Startschuss für die Realisierungsphase, die im September 2010 abgeschlossen wurde.